Bis zum 31. Mai 2023 bestand nach deutschem Recht das Verbot des doppelten Schutzes (sog. „Doppelschutzverbot“) für nationale Patente und europäische Patente. Danach konnte eine Erfindung, für die demselben Erfinder mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ein europäisches Patent mit derselben Priorität und demselben Umfang erteilt wurde, nicht zugleich durch ein nationales Patent geschützt werden. Das nationale Patent wurde wirkungslos, wenn dem Erfinder für dieselbe Erfindung ein europäisches Patent erteilt wurde, das nicht mehr im Rahmen eines Einspruchsverfahrens widerrufen werden konnte.
Dieses Doppelschutzverbot ist zum 1. Juni 2023 grundlegend neugestaltet worden.
Grundsätzlich ist es seit dem 1. Juni 2023 möglich, neben einem europäischen Patent oder einem europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung (sog. „Einheitspatent“) ein nationales Patent zu haben (vgl. Artikel II § 8 IntPatÜbkG). Das Doppelschutzverbot gilt nur noch in Bezug auf europäische Patente, die auf Grund der Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung des Artikels 83 Abs. 3 EPGÜ nicht der ausschließlichen Gerichtsbarkeit des Einheitlichen Patentgerichts („EPG“) unterliegen (sog. „Opt Out“). Nur noch in diesem Fall verliert ein gegenstandsgleiches nationales Patent seine Wirkung; d.h. es kann kein „Doppelschutz“ erlangt werden. Sofern hingegen kein Opt Out erklärt wird und das europäische Patent weiterhin in die ausschließliche Gerichtsbarkeit des EPG fällt, hat das nationale Patent neben dem europäischen Patent weiter Wirkung.
Dieser Doppelschutz unterliegt jedoch unter bestimmten Voraussetzungen der Einrede der doppelten Inanspruchnahme (Artikel II § 18 IntPatÜbkG). Hierbei handelt es sich um einen „Schutzmechanismus für Beklagte“. Beklagte in Verletzungsverfahren können damit eine doppelte gerichtliche Inanspruchnahme aus einem nationalen Patent vor den nationalen Gerichten und einem europäischen Patent oder einem Einheitspatent vor dem EPG vermeiden.
Daneben besteht nach wie vor die Möglichkeit, gleichzeitig ein deutsches Gebrauchsmuster anzumelden oder aus einer europäischen Patentanmeldung mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ein deutsches Gebrauchsmuster abzuzweigen.